Dem SCHICKSAL gegenüber ist man machtlos. Na gut, man kann versuchen, „es in die eigenen Hände zu nehmen“. Aber es macht letztlich doch, was es will.
Da ist mir am Wochenende ein Missgeschick passiert. Kurz nachdem ich mit meinem Boot vom Steg ablegte, plumpste mir durch eine Nachlässigkeit der Ersatzanker samt Leine ins Wasser. An der Stelle war es fast zwei Meter tief. Man konnte ihn nicht mehr sehen.
Rund 100,- Euro kostet so eine Teil. Mist. Über meine eigene Dusseligkeit habe ich mich mächtig aufgeregt (und das kann ich gut). Wütend stoppte ich das Boot. Holte Taucherbrille und Schwimmflossen aus der Backskiste und schwor, solange zu suchen, bis ich den Anker wiederfinde. Das wäre doch gelacht.
Von wegen Lachen. Mit dem Luft anhalten klappt das nicht mehr so gut. Auch daran macht sich das Alter bemerkbar. Je mehr Zeit beimTauchen verging, je mehr ich fror, umso wütender wurde ich auf das dämliche Teil. (Natürlich war mir schon klar, der Gegenstand selbst ist frei von Schuld. Aber an irgendwas muss man seine Wut schließlich auslassen.)
Die Kondition ließ nach, der verbissene Zweckoptimismus verflog. Irgendwann kommt der Drehpunkt. Wie wäre es denn, wenn ich über mein Ungeschick lache? Warste blöd, haste Schaden.
So what? sagt die Jugend. Schicksal kennt Risiken und Nebenwirkungen, aber wen soll man da fragen? Ärzte und Apotheker würden Humor verschreiben. Will sagen, man ist dem Schicksal gegenüber zwar machtlos, kann aber mit Gelassenheit das Beste draus machen. Wieder was gelernt! Und mit dieser Haltung fuhr ich mit ungetrübte Freude wieder auf den See hinaus.
Pointe (als ob mir das Schicksal eine Lektion erteilen wollte): Drei Tage später. Ich badete vom Steg aus an ungefähr gleicher Stelle. Der Anker kam mir wieder in den Sinn. Längst hatte ich ihn aufgegeben, doch aus irgendeiner Eingebung schlurfte ich mit den Füßen über dem Grund des Sees entlang. Steine, Muscheln, verrottende Holzstückchen ertasteten meine Zehen – aber kein Anker. Na ja, ich war am Wochenende über eine halbe Stunde nach dem Anker getaucht und habe nichts gefunden, da werde ich doch nicht … was ist das? Ein Kabel? Es wird doch nicht … doch! Es war die Ankerleine. Nach nicht mal einer Minute habe ich durch Zufall den Anker wiedergefunden. Die andere Seite des Schicksals.
Und alle, die bis hierher gelesen haben und wissen, dass ich eine Petition starten möchte, könnten sich nun fragen: Warum setzt sich Beppo eigentlich für Sterbehilfe ein? Wie man stirbt, ist doch auch Schicksal. Wo bleibt denn da die Gelassenheit?
Berechtigte Frage. Antwort: Ich habe zu viel Angst vor den Qualen der letzten Wochen und Monate, vor dem Dahinvegetieren. Andrerseits wäre ich heute schon total gelassen und angstfrei, wenn ich die garantierte Option selbstbestimmten Sterbens hätte. Und ich weiß, dass fast alle so denken. Aber bitte beantwortet mir auch eine Frage: Warum sind es bis jetzt so wenige, die die Petition unterstützen wollen? (Siehe www.beppo-kuester.de)
Wer am Ende seines Lebens nicht dahinvegetieren will, selber entscheiden möchte, wann das Leben unerträglich wird, der MUSS DOCH SEIN SCHICKSAL IN DIE EIGENE HAND NEHMEN. Dazu braucht es bloß eine Unterschrift. Aber ohne sie, wird der liberale Gesetzentwurf von der Abgeordneten Helling-Plahr Ende des Jahres scheitern. Dein Zögern gibt den Gegnern Recht. MACH DEINE MEINUNG SICHTBAR!
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