Der Flamenco, die Musik andalusischer Roma, steht für Leidenschaft, Schmerz, Wut, aber auch für unbändige Lebensfreude. In diesem Stil schrieben Star-Autoren ein lustiges Lied: Ich tanze Flamenco. Nichtahnend, wie sich auch im richtigen Leben von Beppo Küster diese Melange der Gefühle Bahn bricht. Wenige Monate vor der Uraufführung des Liedes wurde die Tänzerin Alexandra vom DDR-Fernsehballett seine Ehegattin. Kaum lernten sie sich lieben, schwupps –waren sie auch schon verheiratet. Bereits nach drei Monaten. Es kann von Nachteil sein, wenn junge Menschen Schillers Lied von der Glocke nicht mehr lernen müssen. Vielleicht hätte sie diese Stelle gemahnt:
Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich das Herz zum Herzen findet
Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang ...
Diese große Liebe erfüllte, wie sie quälte. Teilweise so schlimm, dass wohl beide nicht mehr wissen, wie sie es dennoch schafften, zweiundzwanzig Jahre lang verheiratet zu bleiben.
Sie kannten sich bereits, bevor sie sich verliebten. Alexandra, auch in erster Ehe nicht ohne Probleme verheiratet, hatte kein Interesse an Bekanntschaften mit Männern. Und Beppo steckte damals gerade in einer heißen, aber aufreibenden Beziehung mit einer Musikredakteurin. Völlig unbefangen begegneten sie sich im Trainingssaal des Fernsehballetts. Die Choreografin Regine Daum studierte die Umrahmung für Beppos vierten Hit Pop-Gymnastik ein und platzierte Alexandra direkt links neben Beppo. Zufall. Na und? Ein halbes Jahr passierte nichts. Man sah sich zu verschiedenen Fernsehproduktionen, mehr nicht. Allerdings verband sie ein besonderes Vertrauensverhältnis zueinander als Kollegen. Wegen eines Themas: Es ging um einen Psychologen, einen Professor, Lehrstuhlinhaber der Humboldt-Universität für forensische Psychologie. Der suchte den Kontakt zum Entertainment-Volk, am liebsten zum Ballett. Warum auch immer.
...
Um der leicht depressiven Grundstimmung des Flamencos an dieser Stelle entgegenzuwirken, folgt jetzt mit hartem Schnitt ein Bericht über eine „lustige“ Panne.
Die Therapie fand in einem Gebäude der Berliner Humboldt-Universität statt. Man fuhr mit dem Auto an der Ständigen Vertretung der BRD vorbei in die Hannoversche Straße. Damals gab es dort, wo die Hessische Straße anfängt, eine Art Kreisverkehr, eigentlich eine Wendeschleife für den Bus.
Meist suchte man schon damals in dieser Gegend umsonst einen Parkplatz. Doch schon am ersten Behandlungstag fand Beppo sofort eine Parklücke.
Eine Stunde später kehrte er von der Therapie zurück. Tiefenentspannt, ein Lächeln auf den Lippen, wunderte er sich auf einmal. An die hundert Menschen standen um sein Auto herum. Ein Bus blockierte quer die gesamte Straße, weil er in der Wendeschleife an Beppos Auto nicht vorbeikam, ohne es zu beschädigen. Hinter dem ersten Bus stand nun schon ein zweiter. Zwei Busladungen voll mit Menschen, die nach der Arbeit schnell nach Hause wollten, geladen mit verständlicher Wut. Beppo zögerte und blieb kurz stehen.
Als er vor einer Stunde das Auto abgestellt hatte, stand die gesamte rechte Straßenseite voller Autos. Jetzt parkte sein Auto allein da. Nun fiel ihm auch das Halteverbotsschild auf. Sein Auto parkte in der Wendeschleife.
Noch ahnte niemand, wer der Fahrer dieses PKW war. Auch nicht die beiden Polizisten neben dem Auto. Was soll’s? Mist gebaut, nun musste er dafür geradestehen. Augen zu und durch.
„Ist hier Parkverbot?“, fragte Beppo scheinheilig einen der Polizisten.
„Was – sind Sie der Fahrer?“
„Ja.“ Das Murmeln der Menschenmenge steigerte sich in ein überraschtes Raunen, dann zu einer Vorstufe von bedrohlichem Protest.
„Vorfahren, dann aussteigen!“ Die Volkspolizei drückte sich stets verständlich aus. Zwei Stempel, Verwarnung mit Ordnungsgeld. Na gut, dafür konnte der Psychologie-Professor nun wirklich nichts.
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